Kampf um die Koralle
Das traditionsreiche Volksdorfer Programmkino soll geschlossen werden, doch der Unmut wächst. Es ist schon tragisch. Selbst die Einrichtung der letzten Multiplexgiganten in Hamburg vermochte bislang nicht, die Betreiber der Koralle in die Knie zu zwingen. Über Besucherzahlen können die Betreiber nicht kaum klagen, ist die Koralle doch das einzige verkehrstechnisch problemlos erreichbare Kino der Gegend. Dennoch droht dem Volksdorfer Programmkino zum 31. Dezember das Aus. Der Grund, die fristgerechte Kündigung des Mietvertrags, könnte banaler kaum sein.
Für die Volksdorfer Cineasten ist dies aber noch kein Grund, sich einfach geschlagen zu geben. Etwa 8000 Unterschriften wurden bislang für den Erhalt des Filmtheaters gesammelt. Es gingen sogar schon Kontokündigungen und Beschwerdebriefe bei der um die Räume konkurrierenden Deutschen Bank ein. Der Eigentümer ließ bislang jedoch verlauten, dass er die Bank, die bereits auf die Räumlichkeiten optiert hat, in jedem Falle als Mieterin bevorzugt.
Auch die Vorschläge alternativer Mietkonzepte mit langer Laufzeit der Betreiber Fölster und Eggers änderten daran bislang nichts. Trotzdem ist zunächst ein klärendes Gespräch aller Beteiligten angesetzt worden. Auch der in Spanien lebende Eigentümer wird daran erstmals persönlich teilnehmen. Verzweiflung macht sich breit, bei Volksdorfern wie den Betreibern gleichermaßen. Wenn das Kino fällt, ist auch die zweite Spielstätte der beiden Unternehmer in Gefahr: das Magazin.
Nur durch den Synergieeffekt der beiden Kinos, so Arndt Eggers, einer der Inhaber der Filmtheaterbetriebe, wäre eine ökonomische Bespielung möglich. Erst vor kurzem wurden die beiden traditionsreichen Programmkinos wiederholt von der Kulturbehörde für ihre Filmvielfalt ausgezeichnet. Die Dringlichkeit ihrer Erhaltung ist offensichtlich. Fernsehmuseum und Bezirksversammlung Wandsbek sind zu Interventionen bereit und unterstützen – fraktionsübergreifend – die Initiativen zum Erhalt der Koralle. In diesem Sinne appellierte Niels Hanßen, Fraktionsvorsitzender der Waldörfer GAL, am Mittwochabend in einer Presseerklärung an die soziale Verantwortung, die bei allen kommerziellen Überlegungen eine Rolle spielen sollte.
Auch die Deutsche Bank hatte anscheinend nicht mit einer derartigen Protestlawiene gerechnet, so dass in einem Fernsehinterview jetzt erstmals eingeräumt wurde, dass die Privatebanking-Erweiterung nicht um jeden Preis durchgeführt werden soll. Für die Betreiber ein Hoffnungsstreifen am Horizont, das Traditionskino in Volksdorf doch noch zu erhalten, und somit auch den zweiten Standort in Hamburg-Winterhude zu sichern.
erschienen in: taz Hamburg Nr. 5989 vom 12.11.1999 Seite 23 Kultur 84 Zeilen